19.09.2016: Unausgeschlafen und noch sehr müde ging es am frühen Morgen mit Megabus von Paris nach Bordeaux.
Es dauerte nicht lange, da gelangten wir von der Bushaltestelle in Richtung Innenstadt. Ich bewunderte die schönen Bauwerke, niedlichen Häuser und Gässchen. Mein Reisebegleiter hatte wie immer nicht viel dafür übrig. Ich ging sogar in die Tourist-Info, um mich zu informieren. Danach suchten wir den Zeltplatz auf. Erstaunlicherweise hatte dieser um die Jahreszeit geöffnet. Es dauerte sagenhafte 4 Stunden und dann waren wir da. Ein **** Camping Platz mit allem möglichen (un)nötigen Schnickschnack.
Am nächsten Morgen wollte ich mir eigentlich die Stadt ansehen, bevor wir weiterzogen. Aber es blieb keine Zeit. Wir mussten den Jakobsweg finden.
Vormittags nach einer Diskussion übers Rumbummeln oder genauer gesagt mein Rumbummeln auf der Weltreise ging es vom Campingplatz auf die Suche nach dem Jakobsweg. Wir liefen max. ½ h und schwiegen uns an, da fing es auch noch an zu Regnen. Es schüttete zwar nicht aus Eimern, aber meine Laune sank dadurch noch drastischer. Außerdem schien mein Wanderführer nicht so recht die Richtung zu wissen, was mich sehr beunruhigte. Weit weg von der Heimat, im Streit mit dem Weltreisepartner, scheiße aussehen im Regencape, der Weg ungewiss und ein schönes Bett unerreichbar. Ich war verzweifelt und hoffte, dass uns jemand helfen und die Richtung weißen möge. Nach einer halben Ewigkeit fanden wir den richtigen Weg nach Gradignan und fanden an der Kirche ein Schild, dass hier der Jakobsweg langging. Wir schauten in die Kirche, dann liefen wir weiter auf den, unserer Meinung nach so verlaufenden Jakobsweg und kamen schließlich an einem alten Kloster vorbei. Es war schon spät geworden, aber ich dachte, eine kleine Besichtigung kann nicht schaden. Wir betraten das Gelände und sofort kam jemand auf uns zugelaufen und fragte uns auf französisch, ob wir Pilger waren und hier schlafen möchten.
Nach anfänglichem Zögern, was ich im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen kann, sagten wir zu. Und da war unsere erste Pilgerunterkunft. Und eine sehr schön noch dazu. Der Regen hatte mittlerweile auch aufgehöht. Wir bezogen unser Zimmer. Doppelstockbetten. Ok. Das hatte ich mir schon gedacht. Das Bad war gut ausgestattet, in der Küche war Kaffee vorhanden – mehr musste ich nicht wissen. Was nun folgte war die Check-in-Zeremonie – Dokumente abgeben, alles ganz genau begutachten lassen, Eintragung in das Pilgerbuch, Stempel und nach 15 Minuten war man fertig. Die Herbergsleute waren sehr nett und fragten uns so einiges über unsere Pilgerreise. Zudem wurden wir zur, am selben Abend stattfindenden, Galerie-Eröffnung des Klosters eingeladen. Das Essen und die Getränke waren sehr lecker. Später kam auch noch eine andere Pilgerin an, mit der wir uns das 8 Mann Zimmer teilten. Nach einem Tag mit vielen anfänglichen Tiefen, wurden wir für unsere Bemühungen und Anstrengungen nun doch belohnt und schliefen sehr zufrieden ein.
Die Anfangszeit auf dem Jakobsweg war etwas schwierig. Wir hatten die Sprachbarriere, da mein Französisch schon ganz schön eingerostet war. Was ich aus diesem Erlebnis mitgenommen habe war, dass Verzweiflung und Freunde manchmal nur einen Steinwurf entfernt lagen. Das hat mich dazu gebracht über etwas wie die Vorstellung einer positiven Zukunft nachzudenken. Damit ist nicht gemeint, dass man sich vorstellt, wie das Leben in 5 oder 10 Jahren sein soll. Sondern wie ein aktuelles Ärgernis am selben Tag oder doch zumindest zeitnah endet und ein positiver Endzustand eintritt. Man sagt ja manchmal auch: Darüber lachen wir später.
Häufig habe ich mich über Sachen geärgert und mich dabei für die Möglichkeit versperrt, dass auch eine erfreuliche Wendung möglich ist. Vielleicht kennen das andere auch, dass man manchmal so in Rage ist, dass man nur noch den Tunnelblick hat und nicht mehr sieht, was rechts und links (Gutes) daneben passiert.
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